Filme drehen eröffnet neue Perspektiven

Die Filmlehrerin Cornelia Burkard berichtet von ihrer Arbeit

 

Filmgruppe der Abschlussklasse von Cornelia Burkard
Filmgruppe der Abschlussklasse von Cornelia Burkard, Hyazinth-Wäckerle Mittelschule Lauingen


Lehrerin Cornelia Burkard ist Vorsitzende des Zusammenschlusses an Film interessierter Lehrkräfte im Verein Drehort Schule e.V. Im Interview mit Maya Reichert, der Leiterin von DOK.education, berichtet sie von ihren Erfahrungen als Filmlehrerin und dem Gewinnbringenden von Filmpraxis an Schulen.

 

Sie sind Vorstand von Drehort Schule e.V. und damit Teil der Organisation um die Filmtage bayerischer Schulen und die Filmlehrerausbildung. Was ist die Filmlehrer*innenausbildung?
Die Filmlehrer*innenausbildung ist ein wichtiger Baustein für die Filmbildung an bayerischen Schulen und richtet sich an Lehrkräfte aller Schularten. An der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen finden mittlerweile zwei 4-wöchige Fortbildungen statt, die sich jeweils über zwei Jahre erstrecken: Filmlehrer und Filmlehrer digital.

Lehrerinnen und Lehrer lernen dabei die technischen Grundlagen, um mit Schülerinnen und Schülern Filme zu drehen, zu schneiden, zu vertonen und zu veröffentlichen. Sie bekommen einen Überblick über die wichtigsten filmischen Gestaltungselemente, erlernen aber auch Analyse- und Bewertungsmethoden. Die Ausbildungsinhalte werden durch erfahrene Filmexpertinnen und Filmexperten, professionelle Filmschaffende und Dozenten der HFF Hochschule für Fernsehen und Film München vermittelt.

Mittlerweile gibt es in Bayern knapp 300 ausgebildete Filmlehrer. Manche davon konnten an ihren Schulen Filmklassen einrichten und haben dadurch Film auch im regulären Stundenplan verankert. Die meisten aber binden ihre Filmarbeit in Form von Filmprojekten in den Unterricht ein oder bieten Arbeitsgemeinschaften an. An der Oberstufe begleiten sie P- und W-Seminare zum Thema Film.

Wie haben die Filmlehrerausbildung und die Filmtage in Zeiten von Distanzunterricht und Lockdown funktioniert?
Es wurden nun trotz der schwierigen Umstände um Corona auch im letzten Schuljahr viele wunderbare Filme eingereicht. Diese wollten wir unbedingt zeigen und würdigen. So haben wir beschlossen, die Filmtage online durchzuführen: Aus unserem selbstgebauten Studio in Holzkirchen sendeten wir unsere Moderationen und die Filme live. Die teilnehmenden Filmgruppen saßen ihn ihren jeweiligen Schulen zuhause und konnten mit uns interagieren. Die Filmgespräche fanden über den Videochat statt. So kam trotz allem Festivalstimmung auf und wir konnten 27 Filme aus allen Schularten zeigen und acht dotierte Förderpreise verleihen.

Können Sie uns Beispiele nennen, wo so eine filmische Betreuung auch im Coronajahr funktioniert hat?
Andreas Knorr von der Anita-Augspurg Berufsoberschule München unterrichtet im sogenannten Seminarfach. Bis kurz vor dem letzten Lockdown konnte er seine Seminargruppe im Präsenzunterricht inhaltlich an das Genre künstlerischer Dokumentarfilm heranführen. Als schließlich nur mehr Distanzunterricht möglich war, fanden Expertenseminare zum Thema Erzähl-und Handlungsstruktur in Videokonferenzen statt. Auch die Beratung und Präsentation der Arbeiten geschahen online. Die Dreharbeiten führten die Schülerinnen und Schülern individuell durch. Sicher ist jedenfalls, dass seine Schülerinnen und Schülern zwölf rund 15minütige Dokumentarfilme fertigstellen konnten!

Die Priorität liegt ja seit Ende des Lockdowns darauf, überhaupt alle Schülerinnen und Schüler zu erreichen und dafür zu sorgen, dass sie gesund und motiviert sind, um schulisch wieder gut anzuknüpfen. Inwiefern kann Kunst und Kultur gerade da auch eine Hilfe sein?
Der Mensch braucht Kunst, um das Erlebte einzuordnen und zu verarbeiten. Ich bewundere unsere Jugend enorm für ihre Geduld und ihre Rücksichtnahme. Die Bedrohungen einer Pandemie, die Angst um den Schulabschluss, den beruflichen Einstieg, Klimakrise und so vieles mehr… Wie soll man das alles verarbeiten und dabei gesund bleiben? Genau dafür braucht es gerade verstärkt Kunst- und Kulturprojekte an den Schulen.

Dies kann in Form von eigenen Produktionen geschehen oder dadurch, dass Kunstwerke betrachtet und besprochen werden. Ein künstlerischer Zugang zu Themen spricht zudem verschiedenste Bereiche in uns an und hilft so, den Unterrichtsinhalt besser zu verankern.

Was macht den Film generell zu einem wertvollen Medium oder zu einer wertvollen Kunstform für Schulen, Lehrkräfte und Schüler*innen?
Film ist das Hauptmedium der Jugend – im Fernsehen, auf YouTube, TikTok und sonstigen Plattformen. Film ist positiv besetzt und alle haben Kontakt zu dieser Kunstform. Zeigt die Lehrkraft einen Film, freuen sich die Schülerinnen und Schüler. Das ist schon mal eine gute Voraussetzung dafür, dass das Gezeigte auch aufgenommen wird.

Um Film wirklich verstehen und beurteilen zu können, sollte jeder Schüler und jede Schülerin selbst einmal aktiv an einer Produktion beteiligt sein. Das Wissen um die technischen Möglichkeiten hilft Realität und Fiktion, Effekt und Wahrheit auseinander zu halten. Film erfordert intensive Auseinandersetzung mit Themen bzw. Texten. Es müssen Strukturen erarbeitet und technische Probleme im Team gelöst werden. Die Arbeit am Film ist vielseitig: Schreiben, Kameraführung, Ton, Requisite, Schauspiel, Maske, Regie, Schnitt,… Für jedes Talent ist etwas dabei! Und wenn gar nichts passt, gibt es immer noch wen, die oder der die Tonangel hält oder die Klappe bedient.

Für mich als Lehrerin waren Filmprojekte eine besondere Chance meine Schülerinnen und Schüler näher kennenzulernen. Es war wunderschön zu sehen, wie viele meiner Kinder während dieser Arbeit innerlich wachsen durften. Meine Filmklassen sind mir alle ganz besonders ans Herz gewachsen. Trotz all der Arbeit, den Unvorhersehbarkeiten und dem Durcheinander, das sich nie vermeiden ließ, hat es sich immer gelohnt.


Das Interview ist erstmals erschienen am 08.02.2021 auf der Webseite des BLLV, Bayerischer Lehrer und Lehrerinnenverband.

 

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